Ogam

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Maqi

ᚋᚐᚊᚔ

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Das Ogam-Alphabet
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Das Ogam-Alphabet

Die Ogam- (altirisch) oder Ogham-Schrift (neuirisch) (irisch, sprich Ogəm oder O-em) wurde in Irland und in einigen westlichen Teilen Britanniens bzw. Schottlands (Scottish Gaelic Oghum) ca. im 4.-6. Jahrhundert dazu benutzt, an den Kanten von Menhiren, (engl. standing stones) kurze Texte, in den meisten Fällen ausschließlich Personennamen, anzubringen. Sie wurde nach Ogimos benannt, dem altirischen Gott der Redekunst.

Inhaltsverzeichnis

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Verbreitung

Ogamsteine stammen größtenteils aus Irland (etwa 310 Stück) und dort meist aus den drei Grafschaften Kerry, Cork und Waterford im Süden der Insel. Etwa 40 Steine wurden in Wales, fünf in Cornwall, zwei in der südwestenglischen Grafschaft Devon entdeckt. Fünf stammen von der Isle of Man, zwei aus Schottland und einer aus Nord-England. Die Authentizität der drei Letztgenannten wird jedoch bezweifelt. Derzeit (Stand 1991) sind also über 360 Ogamsteine bekannt. Bisweilen werden weitere gefunden, da die langen, massiven Steine für Bauzwecke geeignet waren und dann häufig als Teile von Gebäuden oder alten Straßen gut versteckt sind. So wurden Ogamsteine in Kirchen (hier gut sichtbar „ausgestellt”) Brücken, Torbögen, Straßen usw. verbaut.

Zudem wurden 27 Steine in piktischer Sprache gefunden (acht auf Orkney, zu sehen im Tankerness House Museum), die jedoch abgesehen von einigen irischen Lehnwörtern und einigen Personennamen nicht entschlüsselt werden konnten.

Die Texte

Der eingeritzte Name wurde stets im Genitiv angegeben, um den Bezug des Steins zur Person zu kennzeichnen („Dies ist der Stein des…”). Nicht vollständig geklärt ist bisher, was die Steine letztlich kennzeichnen sollten. Entweder zeigt es den Landbesitz an oder war was wahrscheinlicher ist, Grabmal der bezeichneten Person. Nach einem mittelirischen (also wesentlich späteren) Text, wird Etarcomol begraben und an seinem Grab ein Stein mit Ogamschrift aufgestellt.

Die Schrift läuft von unten nach oben und ggf. auf der anderen Seite wieder nach unten. Die meisten Namen sind in archaischem Irisch, also der Sprachstufe vor dem Altirischen (vor etwa 600 n. Chr.) gehalten. Seltener, und vor allem in Wales, sind die Inschriften zweisprachig: Irisch-Latein. Auf einigen Steinen befinden sich auch Runeninschriften oder Kreuze. Bisweilen sind den Namen sehr knappe Kommentare beigefügt. So wurden ein Abt, ein Bischof und ein Priester je einmalig erwähnt. Das Wort für Priester erscheint in der Form QRIMITIR (Genitiv von *QRIMITER < Latein presbyter; vgl. altirisch cruimther). Dies wirft die Frage auf, inwieweit Ogam als „heidnisches” Schrifttum anzusehen ist. Die Forschung ist sich in diesem Punkt nicht einig. Mit Kreuzen versehene Oghamsteine liefern widersprüchliche Hinweise, da Kreuz und Ogamzeichen sich manchmal (fast oder ganz) überlagern, ohne dass festzustellen wäre, welche „Felsritzung” die ältere ist. Einen klareren Hinweis gibt möglicherweise ein Stein bei Ballyferriter auf der Dingle-Halbinsel, auf dem einer der Ogamstriche offenbar absichtlich kurz gehalten wurde, um das (bereits vorhandene?) Kreuz nicht zu beschädigen. Ein solches Beispiel ist der Priest Stone (östlich von Dingle). Aus Nordirland sind nur zwei Oghamsteine, beide ohne christliche Symbole, bekannt.

Beispiel für eine Inschrift:

ᚉᚑᚔᚂᚂᚐᚁᚁᚑᚈᚐᚄᚋᚐ COILLABOTAS MAQI CORBI
ᚋᚐᚊᚔᚋᚑᚉᚑᚔᚊᚓᚏᚐᚔ MAQI MOCOI QERAI

Daraus ergibt sich dann: „(Der Stein von) Coílub, Sohn von Corb, Sohn (Abkömmling des Stammes) der Ciarraige”. Die hier erwähnten Ciarraige sind bis heute im Namen der Grafschaft Kerry verewigt.

Ursprünge

Das Ogamsystem stellt kein eigenes Alphabet dar. Die Zuordnung der Zeichen stellt höchstwahrscheinlich eine Codierung des lateinischen Alphabets dar. Die Versuche, das Alphabet auf die skandinavischen Runen oder das griechische Alphabet zurückzuführen, konnten nicht überzeugen. Die Zeichen selbst wurden wohl aus den auf den britischen Inseln seit der Altsteinzeit belegten Zählhölzern (engl. tally sticks) abgeleitet (Abb. [1]). Mit deren Hilfe wurden Gegenstände (meist wohl Handelswaren) in 20er Gruppen gezählt. Auch die Ogam-Zeichen sind in 4 Gruppen zu je 5 (also 20) geordnet. Zudem gibt es starke graphische Parallelen zwischen beiden Zeichensystemen. Die einzelnen Buchstaben werden mit Bäumen bezeichnet, die mit dem zugehörigen Laut beginnen.

Historiolinguistische Bedeutung

Aus historiolinguistischer Sicht sind die Ogamsteine von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Entstehung des Altirischen. Sie entstanden in der Zeit, in der sich die für das Irische typischen Merkmale wie Anlautmutationen, Apokope (Endsilbenwegfall), Synkope (Binnensilbenwegfall), Palatalisierung usw. ausbildeten. Sie bilden damit einerseits den Gesamtkorpus für die Sprachstufe des so genannten archaischen Irisch und andererseits eine (indirekte) Brücke zwischen dem Altirischen und den festlandkeltischen Sprachen.

Verwendung

Die Schrift diente nicht zur Übertragung von Mythen, Sagen oder gar „keltischen” Überlieferungen. Schwierig zu deuten sind jedoch Hinweise in den altirischen Sagen auf die Verwendung der Ogam-Schrift in (pseudo-?)magischen Zusammenhängen, z. B. der Gefahrenabwehr. Zudem ist in den Sagen bisweilen die Rede davon, dass Nachrichten in Ogam-Schrift in Holz geritzt von Boten übertragen wurden, doch konnte dies bisher archäologisch nicht belegt werden. Ogam-Schriften scheinen ausschließlich in Stein erhalten zu sein und die oben beschriebenen Inhalte wiederzugeben.

Die Schrift wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder genutzt und im Mittelalter sogar um eine weitere Reihe von fünf Zeichen erweitert. Diese so genannten forfeda wurden jedoch ausschließlich in Handschriften verwendet.

Heute verwenden sie Neuheiden u. a. für das im 20. Jahrhundert entwickelte keltische Baumhoroskop.

Unicode

In Unicode ist Ogam unter U+1680 bis U+169F kodiert.

Literatur

  • Damien McManus: A Guide to Ogam. An Sagart, Maynooth 1991. ISBN 1-870684-17-6
  • Charles Thomas: And Shall These Mute Stones Speak? University of Wales Press, Cardiff 1994. ISBN 0708311601
  • Críostóir Mag Fhearaigh: Ogham, An Irish Alphabet. T. Stampton, Malin 1993, Clo ́Iar-Chonnachta, Indreabhan 1996, Hippocrene Books, New York 1998. ISBN 0-9522045-0-9, ISBN 1874700435, ISBN 0-7818-0665-8
  • Sabine Ziegler: Die Sprache der altirischen Ogam-Inschriften. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1994. ISBN 3525262256
  • Charles Plummer: On the Meaning of Ogam Stones. in: Revue Celtique. Bouillon, Paris 40.1923, 387-391. ISSN 1141-2011

Weblinks

Ausgabe
  • DVD-ROM-Ausgabe vom 20. September 2006